Der Pariser Hof: Hotel, Stadtkasse und Kino

Eine gelaufene Postkarte, die auch den Pariser Hof zeigt, 1901.Heute führt Euch der ArchivDingsTag zur Gaustraße 2. An der Ecke zur Schlossbergstraße (früher Nahestraße, wie der untere Teil der Schlossbergstraße hieß) stand das Hotel Pariser Hof der Familie Kirschner, das diese vermutlich ab 1904 führte. Das Gebäude wurde bereits 1814/15 errichtet, aber der Bauherr ist uns nicht bekannt. 1860 weist das „ArchivDings“ Paul Soherr als Besitzer aus und 1872 einen Jean Hitzel.  

Das Hotel war fester Bestandteil des städtischen Lebens. In seinem großen Festsaal fanden eine Vielzahl geselliger Veranstaltungen der Binger Vereine statt. Viele (Fastnachts)-Bälle brachten Abwechslung in die winterliche Zeit. 1897 wurde dort der Männer-Gesangverein gegründet, man feierte hier sowohl den Geburtstag des Kaisers, wie auch jenen des Landesherrn, des Großherzogs von Hessen(-Darmstadt). Der Pariser Hof, 1945. Am Sedan-Tag gab es ein Festbankett und vor der endgültigen Fertigstellung des „Rheinischen Technikums“ (heute TH Bingen) in der Rochusstraße wurde dort Unterricht für die Studenten erteilt. In Tanzkursen lernten bereits 1870 viele junge Binger wie man auf dem Parkett eine gute Figur macht.

Am 16. Februar 1899 fand im großen Hotel-Saal eine sehr heftige Protestveranstaltung der Weinerzeuger des Großherzogtums Hessen statt. Mit durchschlagendem Erfolg, denn die umstrittene Gesetzesvorlage zur Weinsteuer wurde am 2. Mai 1899 tatsächlich von der Zweiten Kammer abgelehnt.

Zum Hotel gehörte auch das Gebäude Gaustraße 4. Hier waren die Stallungen und Kutschen-Remisen für die Gäste untergebracht.

Die Beseitigung der Trümmer des Pariser Hofs (1981?)Während des 1. Weltkriegs fanden im Gebäude nicht nur Rekruten-Musterungen statt, es war auch die Zeit der Umbenennung, denn französische Bezeichnungen waren aus politischen Gründen nicht mehr opportun. So wurde aus dem Pariser Hof der Bayerische Hof.

1928 wird „Frau J. B. Kirschner II. Wwe.“ als Besitzerin geführt. In der Zeit danach wird das Hotel aufgegeben. In das Erdgeschoss zogen die Büros der Stadtkasse ein und aus dem Festsaal wurden die „Binger Lichtspiele“ von deren Betreiberin Frau Weber.

Der Pariser Hof (nun Bayrischer Hof) wurde Opfer der Bombennächte 1944/45. 1982 wurde die Ecke neu bebaut und beherbergte anschließend ca. 20 Jahre lang das Binger Arbeitsamt.