Café Benz

Café Benz ca. 1911Bis Anfang der 1980er Jahre war das Café Benz in der Schmittstraße 27 eine gastronomische Institution, in der die Binger bei Kaffee oder Tee die leckeren Kuchen und Torten genossen. Und so manche Hausfrau bestellte dort für ihre eigenen, heimischen Tortenkreationen regelmäßig die sogenannten „Marzipan-Fächer“. Die von Benz waren damals angeblich die besten der Stadt. Dabei handelte es sich um dünne, mit Schokolade überzogene Marzipanplatten, die in Tortenform geschnitten waren, um dann schräg und fächerartig auf jedem Tortenstück einer der damals sehr beliebten Mokka-Buttercremetorte platziert zu werden.

Der gebürtige Kölner Anton Benz, der sein kölsches Platt zeitlebens pflegte, gründete 1911 das Konditorei-Café und übergab es später seinem Sohn Harry. Die Ehefrauen sowie „Tante Kätchen“ kümmerten sich um die Gäste des Cafés.

Kuchentheke Konditorei-Café Benz, unbekannt ob vor oder nach 1944An der Seite des Grundstücks befand sich ein sogenanntes „Reilchen“, ein schmaler gassenartiger „Durchschlupf“ zwischen zwei Häusern. Der Name leitet sich mundartlich vom französischen Wort „ruelle“ für ein Gässchen ab. In vielen Orten in Rheinhessen dienten die Reilchen vor der Kanalisation dazu, das Oberflächenwasser (Regen, aber auch Berg-/Quellwasser) geordnet abzuleiten. Sie waren an den Enden offen oder auch durch Tore geschlossen.

Hier in der Schmittstraße hatte es vor allem die Aufgabe, die „Fensterrechte“ für die Büroräume des danebenliegenden früheren Hauses der Familie Racke zu sichern, die dort eine Essigsiederei und Weinbrennerei betrieb. Zur Schmittstraße hin hatte es ein schmiedeeisernes Tor, von dem ein Teil auf dem Foto erkennbar ist.

Im Dezember 1944 wurde auch das Café Benz, wie so viele andere Häuser in der Schmittstraße, Opfer einer Bombenschleppe, die eigentlich den Bahnhof in Bingerbrück treffen sollte, aber in der Schmittstraße niederging.

Café Benz 1945, Zeichnung von Jupp BenzAls eines der ersten Häuser in der Schmittstraße baute es Benz nach dem Krieg mit seinen beiden Söhnen eigenhändig wieder auf. Noch mit einem Notdach versehen, war es 1947 wieder in Betrieb.

Nach dem Verkauf stand das Gebäude gut 20 Jahre lang leer und verfiel immer mehr. Vor knapp 10 Jahren wurde es schließlich abgerissen. Seitdem ist das Grundstück durch Bauzaunelemente zur Schmittstraße hin abgegrenzt.

#ArchivDingsTag, 24. September 2024