Naturgewalt Rheinstrom – Warschauen vom Mäuseturm

Bringen Sie am multimedialen Pult stumme Artefakte zum Reden und Zeitzeugen zum Berichten. Folgen Sie dem Binger Lotsen Strack und dem Warschauer Berges durch ihr Leben mit dem Strom.

Das Binger Loch 

Von diesen Felsen sind heute nur noch die sogenannten Lochsteine am westlichen Rand der Hauptfahrrinne erkennbarUnterhalb der Mäuseturminsel bildete eine senkrecht stehende Felsrippe aus hartem, widerstandsfähigem Taunusquarzit ein natürliches Wehr im Fluss. Dieses Riff erstreckte sich noch vor 150 Jahren fast über die gesamte Strombreite und machte es für die Schifffahrt früherer Jahrhunderte sehr schwierig, diese Stelle im Rheinlauf zu passieren. Oft mussten die Schiffsgüter umgeladen werden.

Seit dem 17. Jahrhundert wurde in verschiedenen Abschnitten die heute etwa 120 m breite Fahrrinne aus dem Fels herausgesprengt. Das berühmte Binger Loch ist also eine vom Menschen geschaffene Durchfahrt in diesem Riff.


Lotsen auf dem Rhein

Wie gefährlich diese Engstelle für die Rheinschifffahrt noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts war, zeigt diese Aufnahme des 1916 havarierten Frachtschiffs „Gottvertrauen“Um die Gefahren des Mittelrheintales mit Stromschnellen, Untiefen, Sandbänken, Felsen und größeren Steinen, sowie engen Flussbiegungen gefahrlos meistern zu können, bedienten sich die Schiffsführer erfahrener und mit den Besonderheiten des Gewässers bestens vertrauter Lotsen. Früher Steuermänner genannt, waren die Lotsen nautische Berater des Schiffsführers. Sie übernahmen bei ihrem Dienst zwar das Ruder, in der Regel aber nicht die Verantwortung für das Schiff. Es bestand auch keine Verpflichtung, die freiberuflich tätigen Lotsen an Bord zu nehmen. Die wenigsten Kapitäne verzichteten allerdings allein aus versicherungsrechtlichen Gründen auf die Hilfe eines Lotsen.

1952 gab es in Bingen rund 40 Lotsen. Mit dem bis in die 1970er Jahre geltenden und mehrfach ergänzten “Großherzoglich Hessischen Regulativ für das Steuermannwesen” vom 5. August 1882 war festgelegt, dass die Binger Lotsen für die Talfahrt (flussabwärts) von Bingen bis Kaub sowie die Bergfahrt (flussaufwärts) von Bingen bis Mainz zuständig waren.

Die technische Entwicklung in der Schifffahrt und die Ausbaumaßnahmen an der Ober- und Mittelrheinstrecke machten die Lotsen nach und nach überflüssig. Der letzte Binger Lotse, Fritz Müller, quittierte Ende der 1970er Jahre seinen Dienst und beendete damit eine jahrhundertealte Tradition.
   

Adam Strack – Ein Binger Lotse

Der Binger Lotse Adam Strack übte bis 1966 seinen Dienst auf der Rheinstrecke von Bingen nach Kaub aus. Sein ganzes Leben war eng mit dem Rhein verwoben. Verschiedene Realien aus seiner Arbeit als Lotse sowie ein Interview, in dem er über sein Leben als Lotse erzählt, lassen diesen nicht mehr ausgeübten außergewöhnlichen Beruf wieder lebendig werden.
  

Anton Berges – Warschauer auf dem Mäuseturm 

Warschauer arbeiteten auf dem engen, gefährlichen Rheinabschnitt zwischen Bingen und der Loreley. Wie eine menschliche Ampel regelten sie mit Signalen den Verkehr auf dem Fluss, wenn sich Dampf- und Segelschiffer entgegenkamen. Bis 1969 wurde der Verkehr auf dem Rhein durch handgeführte Signale geregelt.

Anton Berges arbeitet bis 1972 auf der einzigartigen Mäuseturminsel als Warschauer. Viele der ausgestellten Objekte waren Eigentum des Schiffers und Warschauers Anton Berges, durch die seine bewegte Geschichte als letzter Warschauer auf dem Mäuseturm erzählt wird.