Bildliche Darstellungen Hildegards
Wie Hildegard von Bingen ausgesehen hat, wissen wir nicht.
Dennoch finden sich im Museum zahlreiche bildliche Darstellungen der sicher prominentesten Frau des Mittelalters.
Diese variieren in Größe, Material sowie Darstellungsart. Sie vermitteln jeweils eine ganz individuelle Perspektive auf Hildegard, die je nach Sicht des Künstlers unterschiedliche Eigenschaften und Wesenszüge der Heiligen in den Mittelpunkt rückt. Jedes dieser Kunstwerke gibt dem Betrachter die Möglichkeit, Eindrücke zu sammeln, um schließlich aus deren Summe ein eigenes Hildegardbild zu formen.
Bronzestatue von Karl Heinz Oswald
Die Bronzestatue des Bildhauers Karlheinz Oswald aus dem Jahr 1998 zeigt die Äbtissin als eine Frau von schmaler, zerbrechlicher Gestalt, mit hagerem Gesicht. Ihre Augen sind geschlossen. Dies könnte auf Kontemplation und religiöse Versunkenheit hinweisen, obwohl Hildegard selbst in ihren Schriften betont, dass sie ihre Visionen in wachem, klarem Geisteszustand empfangen hat, nicht im Traum, im Schlaf oder in Ekstase. Sie ist in Ordenstracht gehüllt, aber mit offener Halspartie, und trägt einen verschlissenen, löchrigen Schleier. Was mag das bedeuten? Spielt der Künstler hier auf Hildegards freizügigen Umgang mit liturgischen Traditionen an, wenn sie beispielsweise ihre Nonnen in langen weißen Seidengewändern mit offenen Haaren vor den Altar treten lässt? Aber wie passt dieses nonkonforme Treiben mit dem konventionelle Standesdenken der Äbtissin zusammen, die in ihrem Kloster auf dem Rupertsberg nur adeligen Frauen die Aufnahme gewährte?
Am Sockel der Statue hat Karlheinz Oswald ein weiteres Detail angebracht, das auf einen zentralen Aspekt von Hildegards Wirken hindeutet. Finden Sie bei Ihrem Besuch vor Ort heraus, um welchen Gegenstand es sich handelt!
Autorenbild in Hildegards Visionsschrift Scivias (1141-1151)
Der Scivias (vermutlich eine verkürzte Bezeichnung für „Wisse die Wege des Herrn“) ist die erste von drei umfangreichen Visionsschriften, die uns Hildegard von Bingen hinterlassen hat. Das vollständige Werk liegt heute noch in zehn verschiedenen Handschriften vor sowie in einigen Exzerptüberlieferungen. Der Rupertsberger und der Salemer Codex sind die einzigen Exemplare, die mit Miniaturen versehen worden sind. Allerdings ist die Rupertsberger Ausgabe, die wohl schon um 1165 entstand, seit dem Zweiten Weltkrieg verschollen und nur noch in einem handgefertigten Faksimile im Kloster Eibingen erhalten. Aus diesem stammt das hier gezeigte Bildnis Hildegards, welches zusammen mit einer Vorrede den Auftakt des Werkes bildet.
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