Vor 100 Jahren: Eröffnung der Staatlichen Weinbaudomäne Büdesheim

Die ersten Weinbaudomänen entstanden zu Ende des 19. Jh. als Musterweingüter und staatliche Lehr- und Versuchsanstalten. Sie vermittelten den Winzern dringend nötige neue Kultivierungsmaßnahmen, unterhielten Rebschulen und versorgten die Winzer mit Wurzelreben. 1922 nahm auch die Weinbaudomäne Büdesheim ihren Dienst auf.

Artikel aus der Allgemeinen Zeitung vom 11. August 1976Die Entstehung der Institutionen wurde stark beeinflusst durch die Mitte des 19.Jh. aus Amerika eingeschleppte Reblaus, die zu einer großen Krise der Weinwirtschaft führte und wettbewerbsfähiges Wirtschaften kaum noch möglich machte.

In den 1860er Jahren begann die Reblaus von Südfrankreich aus ihren unseligen Vernichtungszug durch alle europäischen Weinbauregionen. Die dort gepflanzten Reben hatten dem Schädling nichts entgegenzusetzen und in den nächsten Jahrzehnten vernichtete der Schädling zwei Drittel des europäischen Rebenbestandes.

Es dauerte einige Jahre bis der mit bloßem Auge nicht zu erkennende Schädling als Ursache für die sterbenden Weinstöcke ausgemacht wurde und noch einmal eine ganze Zeit bis Wissenschaftler entdeckten, dass amerikanische Reben gegen den schädlichen Speichel der Reblaus resistent waren. Doch die Früchte jener Reben schmecken sehr unangenehm und sind für eine Weinerzeugung nicht geeignet. Auch Versuche mit Einkreuzungen brachten keinen Erfolg.

Artikel aus der Allgemeinen Zeitung vom 7. Oktober 1988Schließlich besann man sich auf das Pfropfen, eine Methode, die bereits in der Antike bekannt war. In „Rebmuttergärten“ mit ihrem charakteristischen hohen Wuchs wurden nun überall in Deutschland amerikanische Reben kultiviert. Sie lieferten das „Setzholz“, die „Unterlage“ auf ein „Edelreis“ (Weinsorte) aufgepfropft („veredelt“) wurde. Die gepfropften Reben wurden dann in einer „Rebschule“ vorgetrieben und schließlich im Frühjahr als Wurzelsetzling gepflanzt („gesetzt“). Diese Methode gilt auch heute noch.

1976 wurde das Gebäude der Staatlichen Weinbaudomäne Büdesheim verkauft und trägt seitdem den Namen „Annenhof“. Über die Hintergründe der Aktion berichten die Zeitungsartikel. Es gehört heute zu Bingens Kulturdenkmälern